Aufgrund der immer strengeren Anforderungen an CO2-Einsparungen und Recycling konzentriert sich die Bauindustrie seit einigen Jahren auf die Renovierung und Reparatur von Bauwerken anstelle von sofortigem Abriss und Neubau. Auf diese Weise kann z. B. die Menge des benötigten Zements erheblich reduziert werden. Bestehende Infrastrukturbauten, wie z.B. Brücken, weisen jedoch an vielen Stellen relevante Schäden auf und müssen dauerhaft verstärkt werden. Die revolutionären memory®-Stahlprodukte eröffnen Bauherren und Planern neue Möglichkeiten, bestehende Stahlkonstruktionen und Stahlbetonteile zu verstärken oder vorzuspannen.
Strukturelle Probleme ergeben sich meist aus gealtertem Beton aufgrund von Karbonatisierung und Korrosion sowie Ermüdung der inneren Stahlbewehrung. Altersbedingte Schäden oder erhöhte Lasten führen zu einer unzureichenden Tragfähigkeit, aber es werden auch zunehmend Wiederverwendungsprojekte geplant, die aufgrund größerer Spannweiten Änderungen an den Bauteilen erfordern.
Darstellung der Wirkung von memory®-stem beim Vorspannen und bei der Aktivierung im Falle einer behinderten Rückführung in den Ausgangszustand (links), Re-Platte (Mitte), Re-Bar (rechts).
Eine Formgedächtnislegierung auf Eisenbasis ist eine innovative Lösung zur Verstärkung bestehender Betonstrukturen. Mit den verfügbaren Produkten können Stahlbeton- und Stahlkonstruktionen schnell und einfach nachverstärkt werden. Dadurch wird die Struktur auf solide Weise verstärkt, was auch ihre Lebensdauer erheblich verlängert. Das Vorspannen kann das Auftreten und die weitere Ausbreitung von Rissen verhindern und das Spannungsniveau der vorhandenen Bewehrung reduzieren. Die Bauwerke erhalten aber nicht nur eine längere Lebensdauer, memory®-Stahl ist auch vollständig recycelbar und kann nach dem Abriss eines Bauwerks als Edelstahl wiederverwendet werden.
Formgedächtnislegierungen haben die Eigenschaft, dass sie nach einer bleibenden Verformung Ɛp,0 nach einmaliger Erwärmung in ihren Ausgangszustand zurückkehren (Kurve 1). Wird dies verhindert (Kurve 2), entsteht im Material eine Zugspannung Ɛp,0, die als Vorspannkraft in ein Bauteil integriert werden kann. Auf dieser Eigenschaft basiert der Memory®-Stahl. In der Werkstatt wird diese Legierung zunächst in vorgespanntem Zustand am Bauwerk angebracht und dann durch Erwärmung die Wirkung aktiviert.
Tests mit einer neuen Platte an der MFPA Leipzig - während des Auftragens des feuerfesten Putzes (links) und der Erwärmung der Unterseite der Platte (rechts).
Die spezielle Formgedächtnislegierung auf Eisenbasis und ihre vielfältigen Möglichkeiten in der Bauindustrie sind das Ergebnis langjähriger Forschung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), der ETH Zürich und zahlreicher internationaler Forschungsinstitute. Die re-fer AG hat diese Entwicklung dann in Zusammenarbeit mit Sika zur Marktreife weiterentwickelt. (1), (2), (3).
Memory®-Stahl ist bei Zugbeanspruchung hochduktil mit einer Bruchdehnung von mehr als 20%. Aufgrund des Chromanteils von 10% in der Legierung kann das Material in Bezug auf die Korrosionsbeständigkeit mit einem Stahl der Klasse 1 verglichen werden. Derzeit wird diese strukturelle Bewehrung in Stahlbeton in zwei Varianten verwendet: ein von außen aufgebrachter Streifen (Re-Plate), der am Ende mit Nägeln befestigt wird, oder ein Stab aus geripptem Stahl (Re-Bar), der mit einem Reparaturmörtel (zementhaltig) am Betonelement befestigt wird. Die Qualitätskontrolle umfasst die Prüfung der thermomechanischen Eigenschaften der Produktionschargen und die Kontrolle der Temperatur beim Erhitzen auf der Baustelle. Es gibt auch Prüfgeräte zur Messung der Vorspannung in integrierten Elementen.
Bei Hochhausprojekten wird häufig Re-Plate verwendet. Dieses Produkt, das in seinen Abmessungen den Kohlefaser-CFC-Laminaten ähnelt, hat einen Querschnitt von 120 mm x 1,5 mm und wird in vorgespanntem Zustand auf die Baustelle geliefert, um anschließend mit Nägeln aus rostfreiem Stahl des Typs X-CR 48 P8 S15 im Betonuntergrund befestigt zu werden. (4) Zu diesem Zweck werden in das Band aus memory®-Stahl an beiden Enden werkseitig Löcher nach einem Standardmuster eingebracht. Diese dienen nach korrekter Positionierung des Bandes auf der Baustelle auch als Schablone zum Vorbohren von Löchern in die Betonstruktur. Anschließend werden die Nägel mechanisch befestigt. Schließlich wird das Band in seiner gesamten Länge mit einem Gasbrenner oder einem Infrarotstrahler auf eine Temperatur zwischen 100°C und 300°C erhitzt.
Mit einem Infrarotstrahler kann man die Temperatur gezielt steuern und so eine temperaturabhängige Vorspannung erreichen. Mit einem Gasbrenner arbeitet man immer mit der höchsten Temperatur, wodurch sichergestellt wird, dass die maximale Vorspannung σmax von 380 MPa erreicht wird. Beschädigungen durch Überhitzung sind mit normalen Werkzeugen auf einer Baustelle nicht möglich. Diese Platte bildet eine äußere Zugverbindung ohne Bindung. (5) Ein Korrosionsschutz ist mit der Epoxidharzbeschichtung SikaCor® EG-1 möglich. In vielen Fällen wird re-plate bei solchen Hochhausprojekten mit CFC-Laminaten kombiniert. Hier wird re-plate eingesetzt, um z.B. die Durchbiegung oder die Breite von Rissen zu reduzieren, während die Kohlefaserlaminate zusätzliche Zugkräfte zur Optimierung der Tragfähigkeit liefern.
Ein weiterer Vorteil der Re-Plate-Binder ist ihr Verhalten bei erhöhten Temperaturen. Die Formgedächtnislegierung Memory®-Stahl verhält sich in dieser Hinsicht wie herkömmlicher Stahlbeton, der deutlich weniger bruchgefährdet ist als CFC-Bewehrungen oder andere Verbundlösungen, die aufgrund der niedrigen Glasübergangstemperatur des Epoxidharzes einen zusätzlichen Schutz benötigen, um Probleme im Brandfall zu vermeiden. Brandversuche nach der ETK-Kurve unter Last und Untersuchungen an der MFPA Leipzig haben gezeigt, dass mit einem einfachen Feuerschutzputz vom Typ SikaCem® Pyrocoat von nur 22 mm die Feuerwiderstandsklasse R90 (inkl. Sicherheitsfaktor 1,5) erreicht werden kann. (6) Auch nach 120 Minuten konnten keine Bewehrungsprobleme festgestellt werden. Die Kombination von memory®-Stahl mit CFC-Laminaten ist daher oft eine effektive Lösung, bei der für die Bemessung im Brandfall nur eine Nachbeplankung berücksichtigt werden muss und somit kein teurer Schutz für die CFC-Laminate erforderlich ist.
Für Anwendungen im Brückenbau ist die Bewehrung mit Rebar, dem Stab aus geripptem Stahl, sehr effizient. Diese Bewehrungsstäbe mit einer Standardrippengeometrie können in vorgefräste Schlitze integriert oder in den Reparaturmörtel eingebettet werden. (7) Beide Varianten wurden bei den Untersuchungen eingehend betrachtet und optimiert. Die Variante, bei der der Stab in einer Nut verlegt wird, ist bei Auskragungen mit negativen Biegemomenten sehr effektiv. Die andere Art der Bewehrung wurde bereits vielfach bei Anwendungen mit positiven Biegemomenten in Kombination mit einem Sika MonoTop®-Reparaturmörtel, aber auch bei Anwendungen mit negativen Momenten eingebettet in einen SikaGrout®-Gießmörtel eingesetzt. Soll der Stab von außen aufgebracht werden, muss zuerst der gealterte Beton entfernt und dann der Stab in der gewünschten Position befestigt werden. Bei beiden Varianten werden zunächst nur die Stabenden mit Zementmörtel auf einer bestimmten Länge am Tragwerk befestigt, dann wird der Stab mit einem Gasbrenner erhitzt und die Vorspannkräfte werden realisiert. Mit dem Reparatur- oder Vergussmörtel werden dann der Stab und das Tragwerk des Bauwerks über die gesamte Länge miteinander verbunden. Auf diese Weise fungiert der Stab aus Rippenstahl als vorgespanntes Zugelement, das erst nachträglich verklebt wird. Auch in Kombination mit Bohrungen und dem Epoxidharzklebstoff AnchorFix® von Sika wurde dieser Bewehrungsstab schon mehrfach erfolgreich eingesetzt.
Eine zusätzliche Vorspannung der Tragwerke bestehender Brücken kann die Breite der Risse erheblich verringern und sorgt außerdem dafür, dass die Risse nicht größer werden, was die Lebensdauer des Tragwerks erhöht. Die vorgespannte Bewehrung sorgt auch dafür, dass die Ermüdungsbeanspruchung an einer vorhandenen Bewehrung auf einem niedrigeren Niveau und mit geringerer Amplitude auftritt. Studien haben gezeigt, dass Bewehrungsstäbe als U-förmige Streben auch bei Anwendungen mit Querkraftbewehrung (Querkraftprobleme) als Bewehrung verwendet werden können.
Erhöhte Tragfähigkeit einer Stahlbetonplatte mit brandschutztechnischen Eigenschaften - Schweiz
In einem Parkhaus musste die Tragfähigkeit einer Stahlbetonplatte erhöht werden. Aufgrund der geringen Höhe des Raums und der Brandschutzanforderungen wurde eine Lösung mit Plattenbindern gewählt. Zunächst wurde die Platte an der Struktur befestigt, dann wurde die Vorspannung durch Erhitzen mit einem Gasbrenner und anschließendes Abkühlen realisiert. Für den Feuerwiderstand wurde ein Feuerschutzputz vom Typ SikaCem® Pyrocoat aufgetragen. Bauherr: Stocker und Partner AG.
Da die Bewehrung in einigen Betonträgern nicht mehr in Ordnung war, musste die Wirkung der gebrochenen Stahlstäbe des Typs 145/160, die normalerweise die Zugkräfte aufnehmen, übernommen werden. Aufgrund der hohen Anforderungen hinsichtlich Staubentwicklung, Geruchsbelästigung und Zeitdruck sowie der geringen Bauteilgeometrie und der geringen Betondeckung wurde eine Lösung mit seitlich aufgebrachter Nachplatte gewählt. Auftragnehmer: Laumer Bautechnik GmbH mit eigenem Ingenieurbüro.
Zwischen 1950 und 1970 wurde eine gebogene Brücke aus Naturstein auf einer Seite mit einer Stahlbetonkonstruktion erweitert. Im Jahr 2020 wurden jedoch an beiden Trägern der Brücke eine starke Karbonatisierung des Betons und Korrosion der Biegebewehrung festgestellt. Darüber hinaus musste auch die Tragfähigkeit an die aktuellen Normen angepasst werden. Um eine robuste Brückenkonstruktion zu erhalten und gleichzeitig die Lebensdauer des Bauwerks zu verlängern, wurde eine Lösung mit Bewehrungsstäben in dem Reparaturmörtel MonoTop® 412 Eco von Sika gewählt. Um Vorspannkräfte von ca. 200 kN in den Stützen der Brücke zu erreichen, wurden die endgültigen Verankerungspunkte mit Stahlwinkeln verstärkt. Auftragnehmer: re-fer AG und marti arc Jura.
Aufgrund einer Erhöhung der Lasten musste die Tragfähigkeit einer auskragenden Betonplatte gegenüber negativen Biegemomenten erhöht werden. Außerdem musste die vorhandene Durchbiegung reduziert werden, und es war ein ordnungsgemäßer Anschluss der aufzubringenden Bewehrung an das Gebäude erforderlich. Die Bewehrung erfolgte mit Bewehrungsstäben, die mit dem Vergussmörtel SikaGrout® 312 in die vorgefrästen Schlitze eingelegt wurden. Der Anschluss an die bestehende Decke wurde mit dem Epoxidharzklebstoff AnchorFix® 3001 von Sika hergestellt.