Nachhaltigkeit - in einem allgemeinen Sinne - kann in der Welt des Bauwesens nicht mehr ignoriert werden. Der Übergang hat begonnen und wird noch lange andauern. Das muss er auch, wenn wir unseren Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen und damit der globalen Erwärmung leisten wollen. In der Praxis wurde die Nachhaltigkeit im Bausektor in den letzten Jahren hauptsächlich von der Regierung durch Ausschreibungen und Vergabeverfahren vorangetrieben. Sie ist für die Kommunen zu einer Möglichkeit geworden, sich von anderen zu unterscheiden, wobei Amsterdam eine Vorreiterrolle spielt. Die Anforderungen an die Nachhaltigkeit häufen sich in den Ausschreibungen, und Bauträger und Bauherren setzen alle Hebel in Bewegung, um die nachhaltigsten, grünsten, biodiverssten, ökologischsten und naturnahsten Gebäude und Gebiete zu errichten, die den Anforderungen entsprechen. Nicht immer aus einer intrinsischen Motivation heraus, sondern meist aus dem Ehrgeiz heraus, zu gewinnen, aber das spielt heute keine Rolle mehr. Nachhaltigkeit ist zur Norm geworden und hat in den letzten Jahren sogar ein "Gesicht" bekommen. Gerade bei Wettbewerben wird ein grünes Stadtbiotop und ein vertikaler Holzdschungel nach dem anderen präsentiert. Ganz abgesehen vom tatsächlichen Ergebnis nach der Fertigstellung und dem Faktor Zeit", bis das grüne Versprechen eingelöst werden kann, löst dieser Trend in mir persönlich einen empfindlichen Akkord aus. Sieht so die Zukunft von Materialeinsatz und Architektur aus?
Es ist fast 17 Jahre her, dass ich als Praktikant auf der Baustelle von De Kunstlinie in Almere herumlief, einem Theater, das von SANAA, einem erstaunlichen japanischen Architektenduo, entworfen wurde. Fast vollständig auf dem Wasser gebaut, mit einer Fassade aus Beton und Glas, einer tragenden Struktur aus Beton und schlanken, massiven Stahlsäulen mit bis zu vier Zentimeter dicken Stahlwänden für Stabilität. Erhaben in seiner Schlichtheit, rein, glatt und fast kompromisslos vollendet, ein Meisterwerk, wenn Sie mich fragen. Aber wenn man das Projekt unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit betrachtet, könnte man es auch als ein Verbrechen an der Umwelt bezeichnen. Für mich war es die Geburtsstunde meiner Liebe zur Architektur, insbesondere zu Beton und später zu Backstein. Meine Liebe zur Einfachheit in der Form und zum Reichtum in der Materialisierung und den Details. Meine Liebe zu Materialien, nicht unbedingt zu Ziegeln oder Beton an sich, sondern vor allem die Vielseitigkeit in der Anwendung. Die Bauten von Rudolf Schwartz und Sigurd Lewerentz sind typische Beispiele dafür. Die unterschiedlichen Strukturen des Materials, das Relief der Oberfläche, die Möglichkeiten der Tektonik und Plastizität. Die Suche nach der Schichtung und Komposition des Materials, geformt zu einem Gebäude, in dem man leben, arbeiten oder wohnen kann. Wahrlich erhaben.
Allerdings scheint mein Geschmack in der Architektur heute umstritten zu sein. Nachhaltigkeitsambitionen haben Architekten in die Falle des Greenwashing gelockt, insbesondere der Wunsch, Nachhaltigkeit in Projekten sichtbar zu machen. Holzfassaden, Pflanzkübel in der Höhe und viel Grün (ich klage an). Ein nachhaltiges Aussehen (in einem Putz) macht noch kein nachhaltiges Gebäude. Zum Glück werden wir kritischer gegenüber solchen Wunschzetteln, aber viele von ihnen sind heute schon im Bau. Gebäude, die nach ihrer Fertigstellung noch auf ihre Entfaltung warten. Es bleibt die Frage, ob diese Blüte jemals eintreten wird oder ob wir mit einer dauerhaften Wartefassade feststecken. Ich persönlich hoffe, dass dieser Trend schnell vorübergeht und die Innovationen bei nachhaltigen Materialien weitergehen. Ich gönne unseren Architekten einmal mehr den Raum und die Palette für die Suche nach Komposition und Schichtung, nach einer neuen Architektursprache. Vor allem aber wünsche ich unserem Lebensraum eine reiche Palette von Gebäuden aus verschiedenen Materialien, die nachhaltig produziert werden, schön altern und rund sind. Schönheit ist auch Nachhaltigkeit.